Wenn eine Wolke die Sonne verdeckt, kann die Einspeiseleistung einer Photovoltaik-Anlage binnen Sekunden um mehr als 50% einbrechen und wenn der Wind nicht weht, kann keine Energie daraus gewonnen werden. Was liegt also näher, als beide Systeme so zu kombinieren, dass unser Energienetz mit solchen Problemen gar nicht erst konfrontiert wird? Das haben die Ent-wickler der BELECTRIC GmbH in Dresden erkannt und bieten nun Hybridkraftwerke an, in denen ein zusätzlicher Batteriespeicher gemeinsam mit Automatisierungstechnik von B&R für die erforderliche Stabilität sorgen.

Ansicht eines Hybridkraftwerkes mit PV-Anlage und zwei Batteriespeichern. (Quelle: Belectric)

Die Erzeugung und Einspeisung von elektrischer Energie aus Wind und Sonne ist Fluch und Segen zugleich. Einerseits repräsentieren beide Energiequellen unerschöpfliche Ressourcen, die mit akzeptablen Preis und Wirkungsgrad zur Energieversorgung beitragen und zugleich dem Klimaschutz dienen. Andererseits sind diese Quellen stark volatil und richten sich nicht nach dem Bedarf. Energieversorger müssen massiv in die Infrastruktur investieren, um das Netz zu stabilisieren. So müssen bei einem Überangebot Erzeuger gedrosselt oder gar vom Netz genommen werden. Das ärgert die Betreiber dieser Anlagen, denn wenn sie nichts einspeisen verdienen sie auch nichts. Im umgekehrten Fall muss sehr schnell durch sogenannte Spitzenlastkraftwerke fehlende Energie abgerufen werden. Solche arbeiten im Wesentlichen mit Gasgeneratoren und benötigen mitunter einige Minuten bis zur Zuschaltung, was mit zunehmender Einspeisung durch Photovoltaik-Anlagen in schwachen Netzen problematisch sein kann.

Schaltschrank für das Energy-Management- und Battery-Control-System Somaliland mit Steuerung, Safety-Komponenten und SiteManager. (Quelle: Belectric)

Hybridkraftwerk sorgt für stabile Energieversorgung

Die Entwickler der Belectric Solar & Battery GmbH, haben das erkannt und eine pfiffige Idee in die Praxis umgesetzt. „Der Grundgedanke war, unsere Kompetenzen auf den Gebieten der Gewinnung von Solarenergie und der Energiespeicherung zu kombinieren und somit das Stromnetz zu stabilisieren“, berichtet Lars Fallant, Bereichsleiter Realisierung Batterieprojekte. Das wird durch die Kombination von diversen Erzeugern, wie Windgeneratoren, PV-Anlagen und Blockheizkraftwerken mit einem leistungsfähigen Batteriespeicher erreicht. Koordiniert werden diese Anlagen mittels eines Energy-Management-Systems, bei dem Steuerungstechnik von B&R und das Industrial-Ethernet-Protokoll POWERLINK zum Einsatz kommt. In Kombination mit lokalen Verbrauchern entsteht so ein lokales Stromnetz (Grid), das bei entsprechender Auslegung für lange Zeit autark arbeitet und überschüssige Energie entweder speichert oder ins Energienetz einspeist.

Forschungsprojekt: Zukunftskraftwerk Photovoltaik

Und weil dieser Ansatz so wichtig für eine erfolgreiche Energiewende ist, haben sich acht Partner – sechs Unternehmen und zwei Forschungseinrichtungen – zusammengefunden und entwickeln umfangreiche technische Lösungen, um Wechselrichter sowie andere Anlagenteile für die erweiterten Anforderungen zu ertüchtigen. Es ist kein Zufall, dass die Ingenieure von Belectric in dem Forschungsprojekt Zukunftskraftwerk PV die Führungsrolle übernehmen. „Wir wollen mit diesem Projekt auch den Übergang von generator- zu umrichtergeführten Netzen einleiten“, erläutert Vincent Ackermann, der für den Vertrieb von Batteriespeichersystemen zuständig ist.

Redundantes Steuerungssystem ist Grundvoraussetzung

Schon in der Projektskizze wurde klar, dass an die Steuerung von Stand-Alone-Kraftwerken sehr hohe Anforderungen gestellt werden. „Wir begeben uns mit diesem Ansatz auf das Feld der Systemdiensleistungen“, beschreibt Fallant einen wichtigen Aspekt. „Hier ist es erforderlich, dass bei Ausfall der Hauptsteuerung innerhalb weniger CPU-Zyklen auf ein redundantes System umgeschaltet werden muss. Wenn die Hybridanlage die komplette Netzeinspeisung übernimmt, zählt jede Millisekunde.“ An dieser Stelle spielen die Vorteile der X20-Steuerungspalette von B&R eine entscheidende Rolle. Steuerungs- und Netzwerkredundanz gehören bei B&R zum Standardportfolio.

Webbasierte Ferndiagnose einer Hybridanlage in Somaliland. (Quelle: Belectric)

Integrated Safety und Security sind keine Nebensachen

Zuverlässigkeit und Sicherheit in der Energieversorgung sind substanzielle Bestandteile des Anlagenkonzeptes. Je nach Batterietechnologie müssen die Batterien sicher belüftet und überwacht werden, was sichere Steuerungskomponenten für mindestens SIL2 erfordert. Des Weiteren muss der Feldbus zwischen der Zentral- und den Blocksteuerungen nicht nur streng deterministisch, sondern auch sicher gegen externe Zugriffe sein. Auch dafür fanden die Entwickler im B&R-Portfolio die richtigen Komponenten. Die sicheren Steuerungen und I/Os von B&R lassen sich einfach nach Bedarf in das funktionale System integrieren. Mit POWERLINK wird schnell, fast ohne Jitter und vor allem sicher kommuniziert.

Secure Remote Maintenance ersetzt Personal vor Ort

„Unsere Anlagen arbeiten komplett autark und ohne Personal vor Ort“, sagt Fallant. „Das heißt wir müssen eine stabile und vor allem sichere Datenverbindung zu unseren Anlagen betreiben.“ Möglich wird dies mit der Fernwartungslösung Secure Remote Maintenance, die von Belectric eingesetzt wird. Mit diesem Produkt des Automatisierungsspezialisten B&R werden Daten durch eine verschlüsselte, zertifikatgeschützte VPN-Verbindung zwischen einem SiteManager mit integrierter Firewall an der Anlage und dem GateManager beim Betreiber gesichert. „Wir können somit sämtliche Fehlermeldungen direkt zu einem Servicedienstleister übertragen und über eine webbasierte Visualisierung auf die Anlage zugreifen“, ergänzt Ackermann.

Die Kombination unterschiedlicher Energieerzeuger mit einem Batteriespeicher sorgt für ein stabiles Versorgungsnetz. (Quelle: Belectric)

94MWh errichtete Batterie-Kapazität mit B&R

Neben zahlreichen realisierten Batterieprojekten in Europa, arbeitet eine der ersten Hybrid-Anlagen in Afrika. In Somaliland wird das Informationsministerium inklusive Radio- und TV-Station über eine PV-Anlage mit einer Leistung von 500 kWp und eine 1.000 kWh Batterie komplett eigenversorgt. Ein zusätzlicher 300-kW-Dieselgenerator kommt nur in den Nachtstunden zum Einsatz und auch erst dann, wenn die tagsüber gespeicherte Energie nicht ausreicht.

„Mit unserem nächsten Projekt, einer Kombination von vier 175kW-Schnellladesäulen mit PV-Anlage und Batteriespeicher, wollen wir die Infrastruktur für die E-Mobilität bereichern und dabei eine Lösung für die Entlastung der Netzanschlüsse anbieten“, sagt Ackermann. Auch bei diesem Projekt wird B&R wieder mit an Bord sein.

Lars Fallant

Bereichsleiter Realisierung Batterieprojekte, Belectric

„Unsere Anlagen arbeiten komplett autark und ohne Personal vor Ort. Mit der Fernwartungslösung Secure Remote Maintenance von B&R können wir sämtliche Fehlermeldungen direkt zu einem Servicedienstleister übertragen und über eine webbasierte Visualisierung auf die Anlage zugreifen."

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